Historie der PV Rheinland

Zeitraum 1852  bis ~ 1900

 

Seit der Durchführung von Rassegeflügelschauen gibt es Preisrichter. Diese waren im Gegensatz zu heute, keine ausgebildeten Preisrichter. Bei den eingesetzten Preisrichtern handelte es sich um charakterfeste, angesehene und verdiente Züchterpersönlichkeiten also um Ehrenmänner.

 

Zu dieser Zeit gab es in Deutschland weder einen offiziellen Rassegeflügelstandard noch eine Allgemeine Ausstellungsbestimmung. Somit gab es keine neutrale Grundlage für die Bewertung des ausgestellten Geflügels. Ich rede hier bewusst von Geflügel, da auch Neuzüchtungen bzw. Kreuzungen ausgestellt wurden.

 

Erschwerend kam hinzu, dass sehr viel Geflügel aus dem Ausland, insbesondere aus England, importiert wurde. Die damaligen Preisrichter mussten daher zwangsläufig praktische und begabte Züchter sein. Sie bewerteten gemeinsam, meist im Gehrock und Zylinder (siehe Bild), nach bestem Wissen und Gewissen.

 

Es wurden Abstufungen nach 1. Preis, 2. Preis und 3. Preis vorgenommen. Zudem sollten sich die ersten Preisrichter immer wieder auf englische Standards berufen haben, da es diese in England schon gab.

 

Dass dieses Amt schon damals eine besondere Ehre darstellte, wird vielleicht dadurch verdeutlicht, dass von einer Belohnung der Preisrichter in Form von finanziellen Aufwendungen Abstand genommen wird. Die anfallenden Reisekosten erhielten sie jedoch aus der Verbandskasse vergütet.

 

Seit dieser Zeit gilt, dass die Tätigkeit als Preisrichter ein Ehrenamt ist!

Zeitenwende ab ca. 1900

 

Fast überall in Deutschland wurden, vor dem ersten Weltkrieg, die Preisrichter für die Landesschauen von der Jahreshauptversammlung gewählt.

 

Als Gründungsjahr der PV Rheinland ist das Jahr 1921 in Krefeld verzeichnet. Sie wurde als „Westdeutsche Preisrichter Vereinigung“ ins Leben gerufen. Georg Jung, Düsseldorf wurde als Vorsitzender, Heinrich Becker, Mühlheim/Ruhr-Styrum, zum 2. Vorsitzenden gewählt. Hermann Ellerkmann, Düsseldorf, wurde Schriftführer. Otto Trieloff, Duisburg, und Eduard Ruthmann, Rheydt, waren in den Vorstand mit eingebunden.

 

Das Jahr 1926 wurde Gründungsjahr des VDGP (Vorgängerorganisation des VDRP) als Verband Deutscher Geflügel-Preisrichter-Vereinigungen erwähnt. 1928 schlossen sich 16 Preisrichter-Vereinigungen zum Verband deutscher Geflügel-Preisrichter-Vereinigungen, Sitz Düsseldorf, zusammen. Der Vorstand des VDGP bestand aus dem 1. Vorsitzenden Georg Jung, Düsseldorf, dem 2. Vorsitzenden Ernst Schneider, Leipzig/Anger, dem Schriftführer Hermann Ellerkmann, Düsseldorf, und dem Schatzmeister Wilhelm Walter, Oldenburg. Als 11. Vereinigung wurde die Rheinische PV als „Westdeutsche Preisrichter Vereinigung“, Sitz Düsseldorf, geführt.

 

Am 26. Oktober 1930 wurde in einer Niederschrift der ordentlichen Hauptversammlung in Hannover folgendes erwähnt: „Sollte ein Verein einen wilden Richter beschäftigen, so können die anerkannten Richter eine Mitarbeit bei der Bewertung ablehnen. Eventuell entstandene Kosten sind dem ablehnenden Preisrichter von der Ausstellungsleitung zu ersetzen.“

Das nachfolgende Foto stammt vom 17.04.1932 von der Hauptversammlung des „Provinzial Verbandes Rheinischer Geflügelzüchter“ und zeigt uns anschaulich, dass Geflügelzucht und Preisrichteramt zur damaligen Zeit ausschließlich von Männern praktiziert wurden.

Untere Reihe: Mitte mit Glatze Arnold Becker,

Obere Reihe dritter von links Eduard Ruthmann / zweiter von rechts Heinrich Lauter

 

Eine Kopie des Mitgliederverzeichnisses der VDGP von 1929 ist die älteste Unterlage, die sich derzeit im Besitz der PV Rheinland befindet. Demnach war Georg Jung 1. Vorsitzender.

Im Mai 1933 wurde der VDGP aufgelöst und zunächst unter dem Namen Sondervereinigung Preisrichter (G.B.P.) und 1934/35 als Vereinigung Deutscher Geflügel-Preisrichter (V.D.G.P) weitergeführt und wurde dem Reichsverband Deutscher Kleintierzüchter Reichsfachgruppe Ausstellungszüchter unterstellt. Aus dem Jahr 1935 liegen uns die vorläufige Richtlinien (Vorläufer unserer AAB, hierbei handelt es sich um lose Blattsammlungen) vor.

Alles, was in 50 Jahren vorbildlich war, galt nun nicht mehr. Die Provinzialverbände wurden aufgelöst und an ihre Stelle kamen die Landesfachgruppen. Im Oktober 1934 konnte die PV Rheinland 67 Mitglieder für die verschiedenen Sparten, Großgeflügel, Hühner, Zwerghühner und Tauben verzeichnen.

 

Am 13. Mai 1946 fand eine Besprechung / Vorstandssitzung statt, welche die Wiederbelebung der PV Rheinland als Ziel hatte.  Teilnehmer dieser Besprechung waren unter anderem Eduard Ruthmann, Gustav Triebel und Clemens Wiedemeyer. Am 29. Juni 1946 fand in Krefeld (Lokal Tenberg, Kölner Str. 49), die erste Vollversammlung statt - 37 Mitglieder waren anwesend. In der Begrüßung wurden alle Mitglieder angehalten, tatkräftig und wegweisend am Wiederaufbau der schönen Geflügelzucht mitzuarbeiten. Die Vorstandswahl ergab Eduard Ruthmann als Vorsitzenden, Gustav Triebel als Geschäftsführer. Clemens Wiedemeyer als Kassierer, Walter Jansen und Karl Schüler wurden Beisitzer. Mit einem guten Vorstand und einer lernwilligen PV erfüllte man manche Forderung der ersten Stunde. In diesem Jahr wurde auch der Zuchtfreund Friedrich Regenstein in die PV Rheinland aufgenommen. Er besprach das blaue Masthuhn und das Deutsche Kennhuhn, zu dem er auch die Musterbeschreibung anfertigte. Er brachte umfangreiche Erfahrungen in der Erforschung mit in seine Arbeit ein.

 

Aber auch Problem, wie wir sie heute noch kennen, versuchte man auszuräumen. Aufgrund der nicht mehr zeitgemäßer Satzung, wurde vorrübergehend die Satzungen der Westf. Preisrichter Vereinigung als solange maßgebend anerkannt, bis eine eigene Satzung erarbeitet und verabschiedet wurde. Die Funktion eines Sonderrichters wurde neu definiert, da alle Rassen gesondert zu beobachten seien und auf den PV-Versammlungen über den augenblicklichen Zuchtstand informiert werden sollte. Die neuen Standardbilder und Musterbeschreibungen mussten durchgesprochen werden und mit einer praxisnahen Tierbesprechung ergänzt werden. Es wurde ein neues Bewertungssystem näher erläutert, so sollte nun die Bewertungsnote „vorzüglich“ durch ein zweites Richterurteil bestätigt werden.

Bereits 1947 wurde darauf hingewiesen, dass verpflichtete Preisrichter von der Ausstellungsleitung acht Tage vor der Schau von den zu bewertenden Rassen in Kenntnis zu setzten sind. Weiter ist eine korrekt ausgefüllte Prämierungsliste zu überreichen, um überflüssige Nachfragen auszuschließen. Schließlich wurden die Preisrichter ersucht in der Reihenfolge Form, Gesundheit, Farbe, Zeichnung, usw. einheitlich zu bewerten.

 

1950 hat die PV Rheinland 43 Mitglieder und 5 Anwärter. Schon damals galt, dass ein Richter an einem Tag nicht auf zwei Schauen bewerten darf. Auch ein dreimaliges Fehlen hintereinander in den Versammlungen zog den Ausschluss nach sich. 1951 hatte das neu eingeführte Bewertungsbuch allgemeinen Anklang gefunden. Es wurde nochmals auf das korrekte Ausfüllen hingewiesen.

 

1953 bestand die Rheinische PV aus 53 Mitgliedern und 6 Anwärtern. Der Vorsitzende Hr. Becker gab einen Rückblick auf die vergangene Saison und die geleistete Preisrichterarbeit. Demnach brachte die Bewertung einzelner Rassen wie auch die Kritik in den Preisrichterbüchern mache Enttäuschung. Der Preisrichter soll Förderer der Zucht sein und die Vor- und Nachteile der Tiere angeben. Besonders wurde auf die Reformwürdigkeit der Bewertungsrichtlinien hingewiesen.

 

 

1960 wurde das neue Bewertungssystem, welches im Grunde noch heute gültig ist, nach einem Vortrag des Kollegen Friedrich Regenstein in praktischer Übung vorgestellt. So wurde, das Rasse- und Ziergeflügel seitdem mit den Bewertungsnoten V, hv, sg, g, b, u und o.B. bewertet, nur das es damals keine Punkte der Bewertungsnote zugeordnet wurde (rechts die dazugehörige Bewertungskarte). Die Kollegen sollten sich alle Mühe geben, eine konstruktive Kritik zu schreiben und diese mit den Noten abzustimmen

1972 hat die PV Rheinland 74 Mitglieder und 8 Anwärter. Es wurde vorgeschlagen, im Jahr vier Anwärterschulungen durchzuführen. Bei dieser Versammlung wurde die Problematik der verdrehten Schwanzsteuerfedern (Dachschwanz) ausgiebig diskutiert. Friedrich Regenstein gab einen ausführlichen Bericht über das Anwärter-Richten auf der Kreisschau in Voerde. Alle Anwärter hätten sich sehr bemüht, jedoch verwies er darauf, dass in Zukunft der mündlichen Abschlussprüfung besonderes Gewicht verliehen werden müsse. Auf fleißiges Lesen der Fachpresse, intensives Studium des Standards und häufiges Schreiben bei erfahrenen Preisrichterkollegen werde künftig besonderer Wert gelegt.

 

1977 wurde die Jahreshauptversammlung sowie die Arbeitstagung des VDRP vom 16. bis 18. Juni von der PV Rheinland im Hotel „Handelshof“ in Mülheim an der Ruhr übernommen. Auch im Jahr 2009 wurde diese Tagung vom 12. bis 14. Juni 2009 wieder im Rheinland in der gleichen Lokalität durchgeführt.

 

 

Das Organisatsteam der VDRP Tagung 2009 (von links) Ludger Zumbrägel, Frau Seinsche, Wilma Oesterwind, Helmut van Briel, Karl-Otto Semmler, Dieter Seinsche, Norbert Hallen und Kristiaan Verdoodt.

Das nachfolgende Foto stammt aus 2010 (Tagungslokal: „Flinger Hof“ Düsseldorf) und zeigt die Teilnehmer der damaligen Jahreshauptversammlung unserer PV. Gleichzeitig sieht man sehr anschaulich, dass Frauen in der Geflügelzucht und das Preisrichteramt nicht mehr wegzudenken sind und fester Bestandteil unseres Hobbys sind.

Auch wenn die PV Rheinland nicht auf Facebook oder in Instagram aktiv ist, so geht sie mit der Zeit und hat seit 2011 durchgehend eine eigene Homepage, auf der sie sich allen interessierten Züchterinnen und Züchtern mit aktuellen Informationen und nützlichen Hinweisen zum Schauwesen präsentiert.

 

Aktuell hat die PV Rheinland 43 Mitglieder, von denen 6 Mitglieder aufgrund von Alter und gesundheitlichen Gründen keine Bewertungsaufträge mehr annehmen, sowie 6 Anwärter. Somit gehört unsere PV zu den kleineren Preisrichtervereinigungen innerhalb des VDRP´s. Jedoch konnten wir unsere Mitgliederzahl in den letzten 10 Jahren einigermaßen konstant halten und gleichzeitig unsere PV verjüngen. Dies können nicht viele Preisrichtervereinigungen von sich behaupten.

 

Wir, die PV Rheinland, legen besonderen Wert auf die Ausbildung neuer Preisrichter. Das beginnt mit der gezielten Werbung von Interessenten für das Ehrenamt des Preisrichters. Dass damit soziale Kompetenz und Vorbildfunktion dauerhafte Grundvoraussetzungen darstellen, wird bereits dem Anwärter deutlich gemacht. Während der mehrjährigen Ausbildung wird in Schulungen Grundlagenwissen über die Bewertungstechnik und die Rassenkunde vermittelt. Dazu gehören weiter zielgerichtete Schreib- und Probearbeiten, um Erfahrungen zur praktischen Bewertungsarbeit sammeln zu können. Auch hier wird vom Anwärter ein hohes Maß an Eigeninitiative hinsichtlich seiner Weiterbildung erwartet. Die Ausbildung mit Abschlussprüfung in der ersten Gruppe dauert generell 3. Jahre. Man kann daher eine Ausbildung zum Preisrichter fast mit einer Berufsausbildung / Lehre im zweiten Bildungsweg vergleichen und so mancher Anwärter unterschätzt am Anfang den Zeitaufwand einer Preisrichterausbildung.

 

 

Nach erfolgreicher Abschlussprüfung erhält jeder neue Preisrichter seinen persönlichen Preisrichterausweis, der Ihn als Preisrichter ausweist.

 

Nach Abschluss der Prüfung ist es sinnvoll wenn die neuen Preisrichter-Kollegen eine  Erweiterungsausbildungen absolvieren, da sie mit der ersten Prüfung zunächst nur einen Bruchteil der vielfältigen Arten und Sparten des Rasse- und Ziergeflügels bewerten dürfen. Der Einsatz als Preisrichter auf örtlichen Schauen mit ihrer Rassenvielfalt in jeweils kleinen Stückzahlen, hängt im Wesentlichen von dem Umfang der zur Bewertung zugelassenen Rassegeflügel-Gruppen des PR ab. Jedoch hat es sich als sinnvoll erwiesen, wenn man nur für die Gruppen eine Prüfung ablegt, für die man ein Faible hat, denn nur dann hat man auch Spaß und Freude bei der Ausübung seines Hobbys.

 

 

 

Natürlich werden für die Bewertung des Rassegeflügels immer die neusten Musterbeschreibungen benutzt. Für Ziergeflügel wird die Offizielle Grundlage für die Beurteilung von Ziergeflügel herangezogen. Jeder Kollege ist im Besitz eines Satzungsordners auf neuestem Stand.

 

 

Wir haben als Preisrichter Vereinigung in erster Linie dafür zu sorgen, dass alle Ausstellungen im Bereich des Landesverbandes Rheinland mit genügend Preisrichterkollegen versorgt sind. Die Durchführung von Tierbesprechungen bei Vereinen oder Züchtern vor Ort gehört ebenfalls zu den Aufgaben der Preisrichter.

 


 

 

 

Ehemaliger Schulungsleiter Edgar Pille mit dem damaligen Anwärter W. Kämmerling bei einer privaten Tierbesprechung 1996

 

 

Um zu gewährleisten, dass die Preisrichter all diese Anforderungen jederzeit erfüllen können, steht ihre Aus- und Weiterbildung ständig ganz oben auf der Agenda. Da die Bewertung von Rasse- und Ziergeflügel keineswegs eine statische, also dauerhaft auf feststehende Standards ausgerichtete Größe darstellt, sondern durch Standardänderungen sowie die Aufnahme neuer Rassen laufenden Veränderungen unterworfen ist, muss auch die PV Rheinland dafür Sorge tragen, dass ihre Mitglieder in ihrem Wissenstand ständig diesen Veränderungen angepasst werden. Dabei wird in Vorträgen und Schulungen der jeweils aktuelle Zuchtstand von Rassen, Farbenschlägen und Arten vermittelt.

 

 

 

 

 

Tierbesprechungen oder Powerpoint Präsentationen sind wichtiger Bestandteil einer jeden PV Versammlung.

Darüber hinaus sind alle Preisrichter dazu angehalten sich im Eigenstudium auf großen Ausstellungen und aus der Fachpresse weiterzubilden, damit sie jederzeit ein korrektes und zuchtstandsbezogenes Urteil bei Bewertungen abgeben können.

 

Rückblickend hat die PV Rheinland immer wieder Persönlichkeiten hervorgebracht, die sich für die Entwicklung der Rassegeflügelzucht national und international besondere Verdienste erworben haben. Stellvertretend seien hier die ehemaligen Vorsitzenden des Bundeszuchtausschuss (BZA) Friedrich Regenstein und Ernst Meckenstock angeführt.

 

Die Zukunft der Rasse- und Ziergeflügelzucht im Rheinland wird heute mehr denn je auch von gut ausgebildeten Preisrichtern der rheinischen PV mitbestimmt. Dessen ist sich ihr Vorstand bewusst und stellt sich mit seinen Tätigkeitsmerkmalen stets aktuell dieser Verantwortung.